Von den Etruskern das Stricken mit Gold gelernt

Meister Thomas Heinz verarbeitet hauchdünnen Draht zu konischen Halsketten / Seltenes Kunsthandwerk im Westerwald

Goldstrick Konischkette

Thomas Heinz hat die Technik für Gestrick aus Golddraht nicht erfunden — schon die alten Etrusker beherrschten sie. Aber er hat sie zu einer Perfektion verfeinert, die ihm so schnell keiner nachmacht: Seine Spezialität sind raffinierte Strickketten, denen er nicht nur vom Durchmesser, sondern auch von der Drahtstärke her einen Verlauf mitgibt. Der Clou dieses Halsschmucks ist die Lapislazuli-Kugel, die vom offenen Ende der beiden Kettenteile umfasst, aber nicht festgehalten wird. Rund 40 Stunden Arbeit stecken in dem schönen Stück, davon allein 20 für die reine Strickarbeit, die allerdings mit einer Häkelnadel ausgeführt wird. Angesichts dessen und der wertvollen Materialien erscheinen die 7800 Mark, die Heinz für ein Exemplar mit Lapis-Kugel (auf Wunsch sind auch andere Edelsteine möglich) verlangt, schon gar nicht mehr so teuer.

Seit den siebziger Jahren sind Strickketten wieder in Mode gekommen, ausgelöst von Goldschmieden, die sich in Museen von der Kunst der Etrusker haben inspirieren lassen. Aber während die historischen Kunsthandwerker sich den Draht für ihren Schmuck in mühsamster Arbeit mit dem Hämmerchen hergestellt haben, geht das heute über Profilwalzen und Zieheisen viel einfacher. Dabei wird aus einem etwa fünf Zentimeter langen Goldquader mit einer Kantenlänge von 8 Millimeter ein fast 16 Meter langer Draht. In den Profilwalzen bleibt er bis zu einer Stärke von 1,1 Millimeter noch ein Vierkant, seine Form ändert sich erst in den Zieheisen, die er als Rundling verlässt. Dabei wird der immer länger werdende Draht von Hand durch immer kleiner runde Löcher gezogen, die seinen Durchmesser in Schritten von jeweils 5 Hundertstel Millimeter weiter reduzieren, abhängig von der Legierung. Heinz zieht nicht dünner als 0,3 Millimeter, denn er bevorzugt für seine konischen Strickketten eine 22-karätige Legierung, die bei noch stärkerem Ziehen zu weich würde. Sie kommt der natürlichen Farbe des Feingolds möglichst nahe und bildet einen besonders schönen Kontrast zum Blau des Lapislazuli. Wenn die Kette auch wie mit einer Strickliesel hergestellt aussieht, ist sie doch von der ersten Masche an aus der freien Hand entstanden, denn mit der Liesel wäre ein konischer Verlauf nicht möglich und außerdem würde der Draht zu oft gebogen. Heinz schlingt für seine Spezialität acht Doppelmaschen, die er mit einer Häkelnadel zieht. Diese hat er eigens dafür entworfen, denn mit ihr müssen unterschiedlich große Maschen gestrickt werden können. Dazu hat sie einen Schaft, der nach oben immer dicker wird, und darauf wird mit einer Rasterung festgelegt, wie weit hochgezogen — also wie groß — die Masche wird. Im Verlauf der Kette wächst der Durchmesser von 4,5 Millimeter auf 1,8 Zentimeter, die Kugel misst zwei Zentimeter. Aber nicht nur die Größe der Maschen ändert sich, auch die Drahtstärke: Sie wächst in fünf Schritten von 0,3 auf 0,5 Millimeter an der Kugel. Der Ansatz der neuen Stärke wird im Inneren des Gestricks verlötet, ist also außen nicht zu sehen, und der Unterschied ist mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen. Diese unsichtbaren Übergänge waren das Hauptproblem in der Entwicklung, als Heinz sich mit zahlreichen Versuchen in Silber an sein Ziel herangearbeitet hat. Das Gestrick ist wunderbar elastisch, kleine Unregelmäßigkeiten bei den Maschen werden beim abschließenden Finieren beseitigt, indem der Goldschlauch gestreckt wird: Dieser Zug verteilt die Kräfte gleichmäßig auf alle Maschen und egalisiert sie, die ganze Kette wird über einen konischen Riegel glatt gezogen. Das dicke Ende, das den Lapislazuli umfassen soll, wird mit Kugelpunzen von 12 auf 18 Millimeter aufgespreizt, danach werden die letzten Maschen verlötet. Obwohl die Kugel den Eindruck macht, als würde sie von den oberstern Maschen gehalten, ist sie frei beweglich. Sie hängt an einem mit Kunststoff ummantelten Edelstahlseil im Inneren des Goldgestricks und ist am Schloss fixiert. Diesen Bajonettverschluss stellt Heinz aus der gleichen Legierung wie die Kette selbst her, damit er in der Farbe genau mit ihr übereinstimmt. Die Aufhängung der Kugel kann man erkennen, wenn man die beiden elastischen Stücke vorn ein wenig auseinander zieht. Weil aber das Gewicht sie nach unten drückt, umfassen die Endmaschen locker die frei bewegliche Kugel, die sich ihrerseits gut an jede Trägerin anschmiegt. Wenn man das äußerst geschmeidige und wunderbar glatte Schmuckstück am Hals spürt, ahnt man, was das Wort &rqauo;Geschmeide« bedeutet. So filigran das Ganze auch aussieht, es ist erstaunlich stabil, wenn auch nicht so robust wie Ketten aus massiven Gliedern. Sollte sich das Gestrick sich trotzdem einmal durch kräftigen Druck etwas verformen, wäre das auch kein Unglück, wie Heinz versichert, denn im Gegensatz zu maschinell hergestellten Strickketten könne er seine konische reparieren, gerade weil sie so elastisch ist.

Thomas Heinz, Jahrgang 1961, gebürtig in Oberfranken und aufgewachsen im Koblenzer Raum, hat das Handwerk des Silber- wie des Goldschmieds in einem Kloster gelernt, wo die Ausbildung, wie er heute rückblickend erkennt, besonders breit angelegt war. Er hat sie auch doppelt gekrönt, nämlich mit je einem Meisterbrief für beide Metalle, und sich darüber hinaus als staatlich geprüfter Gestalter examinieren lassen. Heute betreibt er das Silberschmieden als Steckenpferd neben den Schmuckentwürfen, für die er höchst unterschiedliche Materialien von Metallen über Edelsteine bis hin zu Ebenholz benutzt. Dass er kreativ ist und seine Entwürfe genauso phantasievoll umsetzen kann, bezeugen die Urkunden, die er als Kammer-, Landes- und Bundessieger in seinem Metier erhalten hat. 1990 hat er sich selbständig gemacht und in dem kleinen Westerwalddörfchen Steimel-Weroth niedergelassen. Interessenten für seine Kreationen sucht und findet er auf Messen und Kunsthandwerkermärkten, dazu hat er sich mit einem Kollegen zur Vertriebsgemeinschaft Team Karthago zusammengetan. Die Kunden machen gern einen Ausflug in den Westerwald, um eigene Entwürfe zu besprechen oder um nach etwa vier Wochen abzuholen, was sie bestellt haben. Sie sind relativ jung und legen Wert auf individuelle Stücke. Hier sieht Thomas Heinz die Zukunft für sich und sein Handwerk: einfallsreiche, gute Gestaltung nach persönlicher Handschrift und in schlichter Form, ausgeführt in exzellenter Qualität.

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